Wir als Lönnes Eltern begrüßen Sie auf der Homepage der Initiative „Denk An Lönne!“.

Diese Initiative soll zum Ziel haben, dass nie wieder einem Kind ähnliches widerfährt wie unserem Sohn. 

In diesem Sinne wollen wir auf dieser Seite über die Umstände, die zum Tod unseres Sohnes führten, informieren und auf diesem Wege alle im Rettungswesen tätigen Personen bitten, einen Moment inne zu halten und die Lehren daraus in ihren beruflichen Alltag miteinfließen zu lassen. 

Das Wissen um Lönnes Schicksal soll allen Rettungskräften, medizinischem Personal und (Not)Ärzten für immer als mahnendes Beispiel dienen. 

Ein mahnendes Beispiel dafür, was Unfähigkeit und Selbstüberschätzung anrichten können. 

Ein Mahnmal dafür, sich selbst und seine Handlungen zu reflektieren und in Frage zu stellen. 

Vorklinisch muss insbesondere im Kindernotfall gelten, nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich zu tun und dann auf schnellstem Wege in die Klinik zu spezialisierten Pädiatern zu fahren. 

Zentrale Fragen müssen stets sein: Weiß ich, was zu tun ist? Beherrsche ich, was ich tue? Sind meine Maßnahmen indiziert und angebracht? Brauche ich gegebenenfalls externe Hilfe? 

Und: Verhalten sich meine Kollegen und auch der anwesende Arzt entsprechend? Orientiert sich die Behandlung an den geschulten Algorithmen und bekannten Erfahrungswerten oder bemerke ich eine potentielle Gefahrenlage? Ein auffälliges Verhalten eines Kollegen, Anweisungen die unvertretbar sind? Unangebrachte Handlungen, die nicht im Sinne der Sicherheit des kleinen Patienten sind? 

„Denk an Lönne!“ – Das soll Ihnen allen buchstäblich in Mark und Bein fahren, wenn Sie sich in ähnlichen Situationen wiederfinden. Diese Erinnerung an Lönnes Geschichte soll Ihnen allen, insbesondere bei inneren Zweifeln, den Mut, die Haltung und die Courage geben situativ das Richtige zu tun – im Sinne der kleinsten Patienten. 

Jeder einzelne der schweren Fehler, die schließlich zu Lönne Tod führten war vollkommen vermeidbar. 

Eine wirksame Remonstration des anwesenden und erfahrenen nichtärztlichen Rettungspersonals – sie hätte unserem Sohn sicher das Leben gerettet. 

Daher möchten wir Sie ausdrücklich dazu anhalten bei Fehlern von Kollegen nicht wegzusehen und zu schweigen, sondern mutig laut zu werden! Werden Sie damit der Verantwortung gerecht, die Sie mit Dienstantritt übernommen haben. 

Es ist ihre Pflicht. Sowohl gegenüber den Patienten, die sich im Vertrauen in einer Notsituation auch in Ihre Hände in die Behandlung begeben, als auch gegenüber ihren Kollegen. 

Nicht unerwähnt bleiben darf aber, dass zu Lönnes Geschichte auch gehört, dass bis heute ein bewusstes Unterlassen der lebensrettenden Reanimationsmaßnahmen in Verdeckungsabsicht der Lidocain-Überdosierung im Raum steht bzw. auch gerichtlich nicht ausgeschlossen werden konnte. 

Gestützt wird diese These durch Lönnes körperlichen Zustand bei seinem späteren Auffinden durch einen Kinder-Notarzt, die Auswertung der angeschlossenen Kapnografie- und Überwachungsgerätedaten, den Ergebnissen anschließender Untersuchungen, sowie dem befremdlichen Wunsch des Rettungspersonals, Lönne unter falscher Ursachenangabe noch unmittelbar zu Hause für tot zu erklären – ohne jemals externe Hilfe hinzu gezogen zu haben. 

Die Aussagen der Sanitäter insbesondere zur Reanimation wurden bis zuletzt auch vom Gericht als unergiebig, extrem widersprüchlich und miteinander unvereinbar bewertet. 

Das Verfahren gegen die Sanitäter wurde zwar eingestellt, frei gesprochen wurde jedoch niemand – die Vorwürfe bleiben stehen. Antworten auf unsere Fragen oder Worte des Bedauerns von Seiten des Rettungspersonals gab es niemals. 

Viele Aussagen des Notarztes zum Verlauf des Abends bewertete das Gericht als „nicht glaubhaft“ und „lebensfern“. Er wurde schuldig gesprochen der fahrlässigen Tötung und erhielt unter anderem ein 5-jähriges Berufsverbot als Notarzt – ein zu mildes Urteil in Anbetracht der Handlungen. 

Es muss auch im Berufsstand selbst eine rote Linie geben zwischen Fehlern, die passieren können und Fehlern, die nicht passieren dürfen. 

Insbesondere Letztere können auch Straftaten sein, die geahndet gehören. Auch Notfallmedizin ist kein rechtsfreier Raum, der Patient hat keine Auswahl des Behandelnden, aber er hat einen Anspruch auf einen Behandlungsstandard. 

Wenn Fehler passiert sind: Helfen Sie den betroffenen Patienten und ihren Familien mit bei der Aufklärung! Zeigen Sie Respekt und Würde vor dem Leben des Menschen, das dieser Fehler gekostet oder beschädigt hat. 

Leider haben wir seit Lönnes Tod oft Gegenteiliges erlebt: 

Wegschauen und Schweigen im blinden Korpsgeist scheint die zentrale Strategie von Vielen gegenüber den Opferfamilien von Behandlungsfehlern zu sein, deren Recht auf eine ehrliche Aufarbeitung der Geschehnisse und Wunsch nach Konsequenzen für die Verantwortlichen häufig unerfüllt bleibt, auch weil sich zahlreiche Kollegen der Mithilfe an der Aufklärung verweigern. 

Durch dieses Verhalten wird das Vertrauen in das Gesundheitssystem nicht etwa geschützt, sondern zerrüttet. Es verhindert die Entwicklung einer echten Fehlerkultur, die Patienten und Ärzte vor zukünftigen Fehlern schützt. 

Eine solche Fehlerkultur muss die genannten roten Linien kennen und unterscheiden können zwischen Fehlern die passieren können und Fehlern die nicht passieren dürfen. Sie trüge bei zur Schärfung eines Berufsprofiles von kompetentem, ehrlichem und verantwortungsbewusstem medizinischem Personal, welches damit auch seinen Teil beiträgt zur zukünftigen Gefahrenabwehr. 

Dazu gehört auch, dass schwarze Schafe, wie in jeder Branche, benannt und konsequent aussortiert werden müssen zum Schutz zukünftiger Patienten. 

Allen Medizinern und nichtärztlichen Mitarbeitern sollte klar sein, dass die aktive Mitarbeit und offene Kommunikation bei der Aufarbeitung von Behandlungsfehlern nichts mit dem Denunzieren von Kollegen zu tun hat, sondern mit Achtung vor der Würde des Lebens der Patienten und Opfer. 

Der heutige Umgang mit Behandlungsfehlern ist unwürdig gegenüber den Opfern und der Berufsstand selbst beschädigt so sein Ansehen massiv. 

Und nicht zuletzt diskreditiert er zu Unrecht die gute Arbeit der allermeisten von Ihnen: Medizinern, Pflegern, Krankenschwestern und Sanitätern. 

Aber auch jede und jeder von Ihnen hat es im Ernstfall selbst in der Hand, die Stimme zu erheben. 

In diesem Sinne: 

Machen Sie Rettungsmedizin besser! 

Martje und Niklas Ratzow